((Alles was ich euch heute erzähle, kennzeichne ich hiermit als Werbung, da ich ab jetzt einige Seiten verlinke, Personen nenne und Blogs zitiere. Ich bin hier nicht gesponsort worden oder ähnliches, aber sobald ich euch andere Seiten empfehle, ist das automatisch Werbung.))
Schon lange beschäftigt mich der Botulismus
Die Einkochzeit geht dem Ende zu, nun ist es Zeit, nach- bzw. vorzubereiten. Sich mit Theorie zu beschäftigen und ein wenig fortzubilden.
Aus diesem Grund möchte ich heute einmal ein ernstes Thema aufgreifen, das in Deutschland leider viel zu wenig angesprochen wird. Es geht um das Bakterium Clostridium botulinum. Kurz Botulismus.
Um dieses Bakterium ranken sich viele Gerüchte, Warnungen und Halbwahrheiten. Da ich selber weder eine Lebensmitteltechnische Vorbildung habe, noch in Chemie/Bio so gut war, dass ich mir zutraue, eine solche Ausbildung zu absolvieren, habe ich mir Hilfe geholt.
Die liebe Stefanie Burmeister von meinem allerliebsten Gläserlieferanten Gläser und Flaschen war so lieb, mir Rede und Antwort zu stehen. Sie kennt sich mit dem Einkochen wirklich aus- was sie auch auf ihrem Youtube Channel Steffi kocht ein regelmäßg beweist.
Unter Zuhilfenahme einiger Experten, die sie zu den Feinheiten befragen konnte, hat sie mir ein Interview zum Thema Botulismus gegeben, welches ich euch heute gerne veröffentlichen möchte. Ich freue mich so, dass ich sie so löchern durfte!
Dies ist KEINE wissenschaftliche Abhandlung, sondern ein Versuch, die Fragen, die auch mir regelmäßg zum Botulismus gestellt werden, kurz und verständlich zu beantworten.
Dieses Interview werde ich auch als Seite hier auf dem Blog veröffentlichen, sodass Ihr nicht herumsuchen müsst, sondern es zukünftig immer ganz oben in der Suchleiste findet.
Steffi hat unten ein Buch erwähnt, welches ich euch gleich dort als Afiliate Link auch gesetzt habe, so könnt Ihr darauf klicken und landet gleich bei amazon um es zu bestellen… Ich besitze es auch und nutze es regelmäßig um nachzuschlagen, wie die jeweiligen Einkochzeiten sind. Es hilft mir ungemein!
Nun lege ich aber mal los und lasse euch nicht länger warten- Bühne frei für Steffi Burmeister:
Interview mit Frau Burmeister
Zu meiner Interviewpartnerin
Glasgeflüster: Liebe Steffi, danke, dass Du dich bereit erklärst, uns ein paar Fragen zum Thema „Sicherheit beim Einkochen“ besonders in Bezug auf Botulismus zu beantworten. Wärst Du so lieb, ein paar Fakten zu Deiner Person zu verraten und wie Du auf dieses so wichtige Thema aufmerksam geworden bist?
Steffi: Ich bin gemeinsam mit meinem Mann Stephan die Inhaberin und Geschäftsführerin der Firma „Gläser und Flaschen“ in Wustermark bei Berlin. Seit über 15 Jahren beschäftigen wir uns damit, Einmachgläser und Flaschen hauptsächlich an gewerbliche Abfüller, aber auch an Endkunden zu vertreiben. Da es hier ums Einmachen an sich geht, denn dazu sind die Gläser und Flaschen ja da, erfordert unsere Arbeit Fachkenntnisse nicht nur über die Eignung der Gläser und Deckel für die jeweiligen Füllgüter, sondern auch über die Haltbarkeit von Lebensmitteln. Das Clostridium Botulinum und der Botulismus sind dabei natürlich immer mal wieder ein Thema.
Glasgeflüster: Hast Du eventuell auch Lust, uns kurz zu verraten, wie Du dich in das Thema Botulismus eingearbeitet haben? Arbeitest Du mit Experten zusammen?
Steffi: Abgesehen von meiner über 20-jährigen Berufserfahrung und der ganzen Fachliteratur, die ich über dieses Thema gelesen habe, habe ich eine Fortbildung über das Konservieren von Lebensmitteln am Konservierungsinstitut Neumünster absolviert. Mit meinem Mentor des Instituts tausche ich mich heute noch in Fragen über Lebensmittelhaltbarkeit und Konservierung aus. Zwei weitere Mentoren, die ich konsultiere, sind die Expertin und Buchautorin Hildegard Rust sowie Rüdiger Mengel von der Firma Weck.
Vorweg aber gleich eine wichtige Anmerkung: Ich gebe hier meine Erfahrungen weiter und das, was ich gelernt habe. Nichts, was ich hier schreibe hat Anspruch auf Allgemeingültigkeit oder vollständige Fehlerfreiheit. Ich muss mich und alle Menschen, die ich hier erwähne, von jeglicher Haftung ausnehmen.
Jetzt gehts ans Eingemachte!
Glasgeflüster: Habe ich es richtig verstanden, dass es bei botulismusgefährdetem Einkochgut ausschließlich um Produkte mit geringem Säuregehalt geht? Also kann ich davon ausgehen, dass sich Botulismus nicht in Einkochgut entwickelt, das durch Essiglösungen und/oder hohen Zucker- oder Salzgehalt haltbar gemacht ist? Gibt es da Richtlinien, wie hoch der Salz-, Zucker- oder Essiggehalt sein muss?
Steffi: Es geht ausschließlich um Lebensmittel mit geringem Säuregehalt (pH-Wert > 4,5), wie z.B. Gemüse und Fleisch. Es gilt also z. B. nicht für Obst.
Die folgenden Aussagen sind in der einschlägigen Fachliteratur zu finden:
Der Essigsäuregehalt muss mindestens bei 2 % liegen oder
Der Zuckergehalt bei mindestens 50 % des Lebensmittels liegen oder
Die Salzkonzentration muss bei über 10 % liegen
Dies sind die theoretischen Grenzen, bei denen man davon ausgeht, dass keine mikrobiologische Aktivität mehr stattfinden kann.
Versucht man allerdings, Lebensmittelprüflabore darauf festzunageln, würden sie es niemals unterschreiben. Sie sagen, dass man nie eine vollkommene Sicherheit erreichen kann, wenn man nicht den Anfangskeimgehalt, die genaue Lebensmittelzusammensetzung und die Verpackung kennt.
Glasgeflüster: Woran erkenne ich als „Otto Normalverbraucher“, dass mein Einkochgut von Botulismus betroffen ist?
Steffi: Im schlimmsten Fall muss man davon ausgehen, dass es geruchs- und geschmacklos abläuft und eine Kontamination nicht zu sehen ist. Deshalb ist es wichtig, Lebensmittel, die einen geringen Säuregehalt haben, vorschriftsmäßig zu konservieren.
Manchmal kann man es daran sehen, dass der Deckel der Konserve nach außen gewölbt ist (Bombage). Und manchmal wird berichtet, dass es nach Buttersäure stinkt (wirklich eklig). Zwei Lebensmitteltechniker, die ich kenne, sagten mir allerdings, dass letzteres nicht nachzuvollziehen ist (ich nehme also an, dieser Geruch stammt von einer anderen Art Verderb).
Glasgeflüster: In amerikanischen Medien liest man immer wieder über das einzig „sichere“ Einkochverfahren im „pressure canner“. Einem bestimmten Druckeinkochtopf. Stimmt es, dass ausschließlich ein solcher Topf die Lösung für die Sicherheit darstellt?
Steffi: Nein, das stimmt nicht. Wie zu jedem Bakterium gibt es auch zum Clostridium Botulinum, seinen Sporen und dem Toxin genaue Angaben darüber, wann und unter welchen Umständen es unschädlich gemacht werden kann.
Das, was nicht durch kurzes Einkochen bei 100 °C abgetötet werden kann, sind die Sporen des Bakteriums. Diese sind sehr widerstandsfähig und überleben unter Luftausschluss. Durch die Sporen kann das Clostridium Botulinum wieder auskeimen und das Toxin bilden, das uns dann krank machen kann.
Die Sporen können unschädlich gemacht durch:
• Langes Einkochen bei 100 °C. Hierbei hält man sich an die Einkochzeiten eines guten Einmachbuches. Ich kann hier nur das WECK-Einkochbuch empfehlen. Die Firma WECK ist seit über 100 Jahren mit dem Einkochen beschäftigt und die Einkochzeiten sind von daher so sicher, wie es nur geht. Rein technisch sind sie manchmal eher zu lang, aber niemals zu kurz. Als ich Herrn Mengel von der Firma WECK auf einen Fall diesbezüglich ansprach, sagte er treffend: “Es mag sein, dass die Einkochzeit zu diesem Rezept zu lang ist. Aber das ist auch egal, denn sie ist in jedem Falle sicher.” Und das ist es, worum es geht. Sich an ein gutes Einkochbuch zu halten, ist die einfachste Art, eiweißhaltige und säurearme Lebensmittel sicher einzukochen.
• Einkochen über 3 Minuten bei 121 °C (korrekterweise sind es übrigens 121,1 °C bei exakt 3 Minuten). Eigentlich ist das der Wert, der erreicht werden muss, um eine Vollkonserve herzustellen (bei Raumtemperatur haltbar für mindestens 4 Jahre). Dieser wird übrigens nicht am Clostridium Botulinum fest gemacht, sondern am Clostridium Sporogenes, denn dieses ist das widerstandsfähigste Bakterium. Ist dieses eliminiert, geht man davon aus, dass auch nichts anderes überleben kann.
• Einkochen z. B. über 117 °C für 10 Minuten. Warum? Weil die Hitze und Dauer des Einkochens einander bedingen. Das ist auch der Grund, warum man nicht unbedingt diesen einen Einkochtopf aus Amerika braucht. Mit gängigen Schnellkochtöpfen, die 119 °C erreichen, funktioniert dies ebenso, es dauert halt nur ein paar Minuten länger. In der Lebensmitteltechnik gibt es dazu eine ziemlich komplizierte Formel, mit der man Folgendes berechnet: Wenn die besagten Keime bei 3 Minuten über 121,1 °C abgetötet werden, wie lange müssen sie erhitzt werden, wenn die Temperatur z. B. nur bei 119 °C liegt? Oder bei 110 °C?
• Zweimaliges Einkochen (Tyndallisation). Ich möchte auf die Definition in der Wikipedia verweisen: Link zu Wikipedia. Sie wird als Alternative eingesetzt, um säurearme Lebensmittel haltbar zu machen. Es ist eine andere Art der Haltbarmachung und setzt die Einkochzeiten von Weck oder unter Druck nicht außer Kraft. Beim ersten Kochvorgang werden die Bakterien während des Absterbens dazu gebracht, Sporen zu bilden. In den folgenden 1-2 Tagen keimen die Sporen wieder aus und der zweite Kochvorgang eliminiert die entstandenen Bakterien.
In der Fachliteratur findet diese Art der Keimreduktion nur in speziellen Bereichen der Lebensmittelkonservierung Erwähnung, und dabei immer nur unter kontrollierten Bedingungen. Für das Haushalteinkochen wird diese Technik in der Fachliteratur fast nie erwähnt.
Ich kenne dazu also nur überwiegend mündlichen Überlieferungen, die über alle möglichen Kanäle kopiert und wieder zitiert werden: 1 Stunden bei 100 °C am ersten Tag und 1 Stunde bei 100 °C in den nächsten 1-2 Tagen. Aus der Fachliteratur geht deutlich hervor, dass mindestens 24 Stunden zwischen der ersten und zweiten Erhitzung liegen müssen. Es darf auch auf keinen Fall länger als 1-2 Tage stehen gelassen werden, weil die Bakterien ansonsten wieder Sporen gebildet haben können. Diese Methode wird aber seit Jahrzehnten im Haushalt für alles mögliche verwendet, ohne auf spezielle Einkochzeiten für bestimmte Lebensmittel zu achten und somit ist anzunehmen, dass sie sicher ist. Unterschreiben kann ich es nicht.
Nehmen wir die Erfahrung unserer Labore, unserer Lebensmittelindustrie und auch die der jahrhundertelangen Verwendung von Konservendosen und Weckgläsern, dann können wir davon ausgehen, dass wenn man sich an sichere Quellen hält, das Einkochen unter diesen Umständen auch sicher ist.
Man braucht also keinen Einkochtopf aus den USA zu importieren, nur weil aus einer von mehreren Methoden ein Dogma gemacht wurde.
Glasgeflüster: Was sagst Du: Wie kann man denn verhindern, dass sich dieses Toxin aus den Bakterien bildet?
Steffi: Indem man sich an die richtigen Einkochzeiten hält. Diese bieten die größtmögliche Sicherheit.
Eine wichtige Sache noch: Das Toxin ist extrem hitzelabil. Hat man eine Konserve mit nicht sauer Eingelegtem, wird das Toxin denaturiert, sobald man das Ganze für ein paar Minuten ordentlich aufkocht. Man kann nur erkranken, wenn man den Inhalt der Konserve nicht erhitzt.
Glasgeflüster: Fertiggerichte einkochen – theoretisch geht es ja. Aber in der Praxis besteht ja auch hier eine Gefahr. Wie kann man dem entgegenwirken?
Steffi:
1.) Man besorgt sich ein gutes Einmachbuch mit bewährten Einkochzeiten. Bei gemischten Lebensmitteln, wie bei einem Fertiggericht, richtet man sich nach der längsten Einkochzeit der einzelnen Lebensmittel, die im Gericht sind.
2.) Man hält sich an die angegeben Temperaturen und Zeiten.
3.) Wenn einen das Thema wirklich interessiert, ist es von Vorteil, wenn man sich aus verlässlichen Quellen über das Einkochen informiert. Es gibt einen großen Unterschied zwischen Meinungen zu dem Thema und wissenschaftlichen Fakten. Kennt man sich etwas aus, kann man es unterscheiden, besser urteilen und hat vor allem keine Angst mehr, weil man einfach weiß, was man tut. Letztlich ist es nicht schwer. 😉
Noch ein wichtiges Wort zur Sauberkeit
Glasgeflüster: Welchen Einfluss hat denn die Sauberkeit der Gläser und Arbeitsmaterialien auf die „Sicherheit“ des Einkochgutes vor Botulismus?
Steffi: Das Clostridium Botulinum ist ein Erdbakterium. Die Wahrscheinlichkeit, dass es im Schmutz lebt, der sich in einem schlecht gesäubertem Einmachglas ansiedelt, ist sehr gering. Sind die Gläser nicht gut gesäubert, kann das Einkochen misslingen, indem es Schimmel oder Gärung gibt. Das sieht man, das schmeckt man, es ist ärgerlich, bringt einen aber nicht um.
Abschliessende Worte von mir
Liebe Steffi- ich freue mich bannig, dass Du mir so tolle und ausführliche Antworten gegeben hast- das hilft mir enorm! Ich hoffe, auch meine Leser freuen sich darüber so wie ich! So ist der Botulismus nicht mehr das “böse Monster” sondern ein ernstzunehmender, aber besiegbarer Gegner!
Die Quintessenz aus all dem: ja- auch ich habe Rezepte für säurearme und eiweißreiche Lebensmittel hier auf dem Blog- all diese sollten dann entsprechend der oben genannten Kriterien eingekocht werden, und wir sind alle auf der sicheren Seite!
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